März 2020 (Covid-19)

 

Eigentlich war ein anderes Thema vorgesehen aber durch das Corona-Virus ist alles in den Hintergrund gerückt und vieles, was uns vorher beschäftigte, belanglos geworden. Die Medien berichten verständlicherweise über kaum etwas anderes und auch die sozialen Netzwerke bersten über mit entsprechenden Meldungen. Katy und ich waren uns zunächst unsicher, ob wir dem jetzt auch noch eine Stimme geben sollen. Aber die Anfragen nach unserem persönlichen Befinden führen dazu, dass wir uns zumindest auf dieser Plattform melden und über unsere ganz persönlichen Gedanken und das Leben im Umgang mit Covid-19 in Ägypten berichten. 

  

 

Eine der häufigsten Fragen, die an uns gerichtet werden, lautet: "Bleibt Ihr in Hurghada oder kommt Ihr nach Deutschland zurück?". Natürlich haben wir uns mit dieser Thematik auseinandergesetzt, Vorteile und Nachteile abgewogen und sind sehr schnell zum Ergebnis gekommen, zu bleiben. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

 

Auch wenn Hurghada nahezu gespenstisch wirkt, schauen wir unverändert positiv nach vorn und sind der festen Überzeugung, dass sich die Situation irgendwann normalisiert. Vielleicht wird das länger dauern als allgemein vermutet, jedoch freuen wir uns schon jetzt, das von uns gewählte Leben vor der Corona-Krise, nach dem Überstehen, mit vollem Elan wieder aufzunehmen. Diese Einstellung teilen wir übrigens mit vielen Kolleginnen und Kollegen, was zu einem großen Zusammenhalt unter den in Hurghada Verbliebenen führt.

 

Tatsächlich fühlen wir uns in Hurghada sicherer und empfinden das Leben (auch in Zeiten von Covid-19) angenehmer. Dadurch, dass inzwischen keine Touristen mehr da sind und auch zahlreiche Einheimische bei Ihren Familien verweilen, gibt es keine Menschenansammlungen und die Gefahr einer Infizierung stufen wir eher gering ein. Geht man einkaufen, so tragen sämtliche Bedienstete Handschuhe sowie Mundschutz und den Kunden stellt man selbiges bereits am Eingang zur Verfügung bei gleichzeitiger Bitte, entsprechenden Abstand zu halten. 

  

 

Die Nahversorgung ist optimal und sogar der Nachschub an Klopapier, Konserven und Nudeln funktioniert tadellos. Wie die meisten wissen, befindet sich ein durchgehend geöffneter Supermarkt genau gegenüber von uns und vom Balkon können wir bestens beobachten, wie mehrmals am Tag weitere Lieferungen erfolgen. Auch gibt es keine "Hamsterkäufe" und Schlangen vor den Kassen ebenso wenig.

 

Eine Ausgangssperre gibt es (derzeit) am Abend bis in den Morgen hinein. Aufgrund dieser Tatsache nutzen wir die viele Zeit am Tage für Spaziergänge und diese bevorzugt am Roten Meer entlang. Das ohnehin schöne Wetter mit strahlendem Sonnenschein, blauem Himmel und sommerlichen Temperaturen war schon damals einer der trifftigen Gründe für unsere Auswanderung nach Ägypten.

 

Einige Kollegen, die nach Deutschland zurückgekehrt sind, ließen schon durchklingen, dass im Heimatland vieles negativer und insbesondere die Stimmung deprimierender wirkt. Und keinem fiel der Schritt leicht. Jeder hat einen Teil seines Herzens, Sehnsüchte und manchmal sogar das geliebte Haustier zurücklassen müssen. Unabhängig davon fragten sich einige beim Anblick der ersten abreisenden Touristen am Flughafen Hurghadas, ob diese hinsichtlich der Vorbeugung und Infektionsgefahr nicht etwas falsch verstanden haben:

 

 

Natürlich ist hier nicht alles Gold, was glänzt und eventuelle Risiken sind uns bewusst. Sollten wir tatsächlich schwer (!) an Corona erkranken und eine Intensivbetreuung inklusive einer künstlichen Beatmung benötigen, so wären wir in diesem Land vermutlich aufgeschmissen. Aber auch in diesem Punkt stellen wir uns die Frage einer Wahrscheinlichkeit, da wir nicht zur Risikogruppe gehören und des Weiteren, ob in diesem Fall in Deutschland wirklich eine bessere Versorgung gegeben wäre, insbesondere was Kapazitäten angeht?

 

Unsere Basis musste vorerst schließen und Katy und ich sind somit zum ersten Mal in unserem Leben ohne Beschäftigung. Dennoch sehen wir das ganz entspannt. Zum einen bemüht sich James (Eigentümer vom Blue Water Dive Resort und James & Mac), den Laden zusammenzuhalten. Zum anderen geben uns die hiesigen geringen Lebenshaltungskosten die Möglichkeit, klarzukommen, ohne existenzielle Sorgen zu befürchten.

 

Die ägyptische Regierung, die sich von jeher als nicht besonders transparent auszeichnet, scheint die Thematik noch zu verharmlosen bzw. ziemlich unkonventionelle Ansätze zu wählen. So werden in großem Maße Straßen desinfiziert aber Menschenansammlungen erst seit kurzem unterbunden. (Siehe das nachfolgende Foto aus Kairo, aufgenommen in der letzten Woche). Auch die äußerst geringe Anzahl an gemeldeten Infizierten darf durchaus in Frage gestellt werden. Hier ist unter den gegebenen Umständen Schlimmes zumindest zu befürchten.  

  

 

Wer weiß, wozu das Ganze gut ist und ob sich in dieser unvergleichlichen Situation nicht sogar Chancen für die  Zukunft ergeben. Die Chancen, wahre Werte zu schätzen, sich zu helfen, zusammenzurücken, Zeit für sich und seine Lieben zu haben und ein wenig Demut zu lernen. Oder auch die Chance für die Natur, sich vom Menschen zu erholen und wortwörtlich aufzublühen. Wir nutzen währenddessen die neu gewonnene Zeit, um Freundschaftspflege zu betreiben, viel zu schlafen, zu diskutieren, zu lesen, spazieren zu gehen, Filme zu schauen sowie um Arabisch zu lernen, Fischbestimmung zu vertiefen bzw. Logbuch zu schreiben. 

  


 

Bedenklich finden wir, dass in Ansätzen auch Egoismus und Rücksichtslosigkeit sowie mangelnde Toleranz zu Tage treten. In diesem Zusammenhang haben wir für Menschen, die in ungeahntem Maße Hamsterkäufe tätigen und so vielen anderen die Versorgung förmlich wegnehmen, nur Verachtung übrig. Genauso ist es die falsche Zeit, mit dem Finger auf andere zu zeigen und insbesondere die Anonymität der sozialen Netzwerke zu nutzen, um sich beispielsweise schadenfroh zu zeigen, dass sich sogar unsere Kanzlerin in Quarantäne begeben muss. Das ist aus unserer Sicht einfach nur erbärmlich!

 

Am meisten umtreibt uns die Sorge hinsichtlich einer Erkrankung der wichtigsten Menschen in unserem Leben, für die, aufgrund von Alter und möglicher Vorerkrankungen, eine Infizierung fatale Folgen haben könnte. Dieser Gedanke ist sehr präsent und betrifft in unserer Altersklasse natürlich vor allem die eigenen Eltern. Hier können wir nur das Beste hoffen ohne auch nur die Chance zu haben, helfen zu können bzw. die größte Hilfe paradoxerweise die ist, unsere direkten Angehörigen sozial zu isolieren, um sie ja nicht anzustecken.

 

Lasst uns alle hoffen, dass wir die größte Krise der Neuzeit glimpflich überstehen. Katy und mir hilft dabei unter anderem das gemeinsame Lachen sowie eine Prise Galgenhumor. In diesem Zusammenhang abschließend ein paar Cartoons und Sprüche, die uns trotz allem lächeln lassen, manchmal aber auch zum Nachdenken anregen. Alles wird gut und wenn es noch nicht gut ist, esst einfach mehr Schokolade! Haltet die Stellung und bleibt gesund, egal wo Ihr Euch auf der Welt befindet!!